Wollen Sie Ihrer Familie und Ihren Freunden gute Gründe liefern, an Ihrem Verstand zu zweifeln? Wollen Sie Ihr Image als geschmacksverirrter Nerd pflegen? Oder wollen Sie Jazz-Hassern (also meistens Leuten, die sich noch nie wirklich auf Jazz eingelassen haben) neues Futter für ihre Vorurteile liefern. Dann hätte ich da etwas für Sie.
Die kalifornische Band Tribal Tech ist eigentlich genau das, wofür Fusion steht: Ein virtuoser Mix aus Jazz, Rock, Funk mit beliebigen anderen Einsprengseln. Bei Tribal Tech kommt dazu: Die Band um den Gitarristen Scott Henderson und den Bassisten Gary Willis mischen nicht nur die Genres – sondern sie picken sich jeweils das Wildeste heraus, was die Musikrichtungen zu bieten haben. Das Ergebnis ist ein wild-wüst-überraschendes Konglomerat aus Grooves und Melodiefetzen. Krass, schräg, spaßig.
Während die frühen Alben der Band aus den 90er Jahren noch ein vergleichsweise „normales“ Format haben, treiben es Tribal Tech bei ihrem 99er Album „Thick“ auf die Spitze: Das Album ist eigentlich ein großer, spontaner Jam im Studio, bei dem sich die vier (dazu kommen Drummer Kirk Covington und Keyboarder Scott Kinsey) keine Grenzen gesetzt haben. Und genau so hört sich das dann auch an. Schon der Track „Party at Kinsey´s“ treibt mit seinem schrillen Opening die Hauskatze in den Keller. Höhepunkt ist aber der 11-Minuten-Titel“song“. Kovingtons Polyrhythmen verknoten die Gehirngänge, und Gary Willis zeigt, was in so einem Bass drinsteckt.
Entscheidend dabei ist aber: Lassen Sie sich auf die Sound-Orgie ein, und hören Sie laut. Finger weg von der Fernbedienung oder von der App, der Track muss durchgespielt werden. Was am Anfang krass und teilweise fast schmerzhaft schräg wirkt, fasziniert von Minute zu Minute mehr.
Nur – erzählen Sie Ihren Freunden nichts davon, warten Sie, bis die Nachbarn verreist sind, und schicken Sie die Familie zum Eisessen. Es lohnt sich.