Smooth Jazz ist als seelenlose Plastikmusik verpönt. Und das leider völlig zu Recht: Vieles aus diesem Genre ist stereotyp arrangiert und produziert und bedient exakt einen Markt: die US-amerikanische „Adult Contemporary“-Ecke. Das ist ein gutes Geschäft – wohl eines der letzten seiner Art im Jazz. Und deshalb sind auch die Musiker nicht zur verurteilen, die sich hier ein Stück vom Kuchen sichern wollen. Auch ein Künstler muss seine Stromrechnung zahlen.

Der Umkehrschluss, ein erfolgreicher Smooth-Jazzer sei offenbar nur zu dieser Art von Gebrauchsmusik fähig, ist aber ungerecht und fast immer falsch. Ein schönes Beispiel: Gerald Albright und sein Song „Bermuda Nights“ von 1988. (Hier anhören)
Auf der CD ist das zwar eine gefällige Melodie, die aber ist entstellt von einer Plastik-Produktion, wie sie nur diese Epoche und dieses Genre hervorbringen konnten: programmierte Drums, verhallte Synthesizer und darüber Albrights fast stechend helles Altsaxophon.
Dass das gleiche Stück so viel schöner, spannender und interessanter klingen kann, zeigt Albright selbst in einer Live-Version vom Java Jazz Festival in Jakarta. Hier bleiben Drumcomputer und überlagerte Synthesizer-Wogen draußen, dafür ziehen mit Jeff Lorber, Nathaniel Philips und Ricky Lawson drei echte Größen ihres Genres alle Register. Plötzlich trägt nicht mehr eine nette Melodie das Stück, sondern ein tiefer, satter Groove. Ein Paradebeispiel dafür, dass der Ton die Musik macht, nicht das Notenblatt.
Klar: Aus Bermuda Nights wird nie ein „So What“ oder ein „Watermelon Man“. Aber auch bei Smooth Jazz lohnt es sich, hinter die Kulissen zu schauen.