Fusion in seinem Lauf hält weder Ochs noch Esel auf.
Das ist natürlich Blödsinn. Ja, die alberne Anspielung an das (geklaute!) Honecker-Zitat auch. Vor allem aber die Aussage, Fusion sei letztlich unfehlbar. Denn es gibt genügend gute Beispiele für Dinge, die Fusion nicht tun kann und deshalb nicht tun sollte. Viele davon drehen sich um Adaptionen von Popsongs.
Nehmen wir zum Beispiel „The Lady in My Life“ von Michael Jackson. Eines der nur zwei Stücke, die NICHT als Single aus „Thriller“ ausgekoppelt wurden und in die Top 10 kamen – also trotz Dutzender Millionen verkaufter Alben nicht ganz so bekannt wie Billy Jean & Co. Und trotzdem (oder gerade deswegen?) ein gerne gecoverter Track.
Das ist kein Zufall: Von Rod Temperton geschrieben, hat „The Lady in My Life“ ein paar Akkordfolgen und Harmoniewechsel, die für das damalige Disco-Publikum schwer zu verdauen waren (wie wäre das erst heute?) und Anleihen aus dem Jazz gar nicht erst verbergen wollen.
Deshalb haben sich auch diverse Jazzer (und auch Rapper!) des Songs angenommen. Mit sehr unterschiedlichem Erfolg.
Gut funktioniert der die smoothe Ballade in – nein keine Überraschung: Smooth Jazz. Der Jahrhundertgitarrist und Tausendsassa George Benson hat das Stück in seinem 2011er Album Guitar Man gecovert. Er macht das mit viel akustischem Piano und überhaupt viel Spätnachts-Stimmung. Das passt gut (und auch dazu, dass Benson mit dem gleichen Produzenten wie MJ seine größten Erfolge hatte – Quincy Jones).
Tja, und dann kommt der ebenfalls spektakuläre Gitarrist Stanley Jordan und versucht sich an einer Fusion-Variante. Mag sein, dass er auf seinem ersten Album auf Blue Note nicht arg viel Mitspracherecht hatte oder einfach schlecht beraten war – aber diese Version ist so bemüht funky, dass es je nach Empfindsamkeit weh tut und einfach nur schade ist um den schönen Song.
Hier stößt Fusion an seine Grenzen. Das passt einfach nicht. Fusion kann und darf nicht alles. Wer das ignoriert, landet in einer Sackgasse. Erich Honecker konnte ein Lied davon singen.
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